Aus der Schreibwerkstatt mit Tania Witte – Teil 4

Der Ruf des Meeres

Es war einer dieser extrem heißen Sommertage, die man nirgendswo anders als am Strand verbringen konnte. Ein salziger Geschmack erfreute meine Geschmacksknospen in meinem Mund, als wäre es die leckeren Salt & Vinegar Chips von Mr. Pringles. Die Sonne brannte ungnädig auf mich nieder und die Luft fühlte sich trocken an. Da hörte ich plötzlich das Meeresrauschen. Dieses Geräusch löste in mir eine grenzenlose Begierde aus ihm zu folgen. Ich näherte mich langsam der Geräuschkulisse. Es wurde immer lauter und das Verlangen immer größer, dem Ruf des Meeres zu Folgen. Als ich schließlich an der Brandung ankam, spürte ich plötzlich Wasser über meine Füße fließen und ich konnte fühlen wie sich langsam feiner Sand zwischen meinen Zehen ansammmelte. Als ich bald schon knietief im Wasser stand, war das Verlangen sogar so stark, als hätte mein Leben keinen anderen Zweck mehr  als weiter in das Wasser zu gelangen. So stürzte ich mich letztendlich mit dem Gefühl vollkommener Freiheit in das tiefe weite Meer. So müsste es sich wohl anfühlen wenn ein tibetanischer Mönch vollkommen in seiner Meditation versunken ist. Es trat auf einmal eine unbeschreibliche Stille ein. Die mir zunächst Angst bereitete. Ich dachte kurz darüber nach: Es ist doch paradox: Die Menschen sehnen sich nach Stille, aber sobald sie eintritt, erschrecken sie sich und wollen vor ihr flüchten. Da ich aber nicht den gleichen Fehler machen wollte, fing ich einfach an diesen Moment in mir aufgehen zu lassen und zu genießen. Es war das Gefühl von purer Entspannung und ich war einfach nur glücklich. Als plötzlich ein schriller Klingelton, wie der Schrei einer Hyäne lautstark ertönte und mich aus diesem Ort der Vollkommenheit riss. Da klingelt auch bei ihr das Telefon, als sie ihr Gesicht langsam von der Laptop-Tastatur entfernt. Als die Frau sich einen Moment lang über diesen grauenhaften Klingelton aufregte bemerkt sie plötzlich:„Oh Mist, das Telefon, warum muss es gerade jetzt klingeln?“. Sie nimmt ab und nennt ihren Namen:„Viola Violetta am Apparat“. Danach täuscht sie gekonnt Freude vor die Person am Ende der Leitung zu hören und ruft:“ Was ? Nur noch 3 Tage!!!“ Sie hat gerade erfahren, dass sie ihre Arbeit viel früher als geplant beenden muss. Nachdem sie schließlich auflegt beginnt sie weiter an den trostlosen Kalkulationstabellen die sich vor ihrem karibikblauen Bildschirmschoner mit den vielen Meerestieren befinden zu arbeiten. Sie hasste es zwar nicht, in ihrem home office zu arbeiten, aber mögen tut sie es ganz sicher auch nicht. Dennoch verdient sie ganz gut Geld damit, trotzdem spürt sie irgendwie immer einen Ruf zu etwas  bedeutenderem in ihrem Leben. Als sie widerwillig anfängt zu arbeiten riecht es plötzlich stark verkohlt. Was war das ? Es kommt langsam schwarzer Rauch aus ihrer Küche. Viola rennt verzweifelt in die Küche und da sieht sie es. Es ist ihr teuer erworbenes Roastbeef, auf das sie sich schon die ganze Woche gefreut hatte. Dieses ist jetzt aber leider ungenießbar geworden, macht dafür aber seinem Namen alle Ehre. Sie löscht das schon leicht entflammte Stück Fleisch mit dem dreckigen Spülwasser, indem noch einige Pizza Krümel vom Vortag schwimmen. Nachdem sie sich wenigsten als Feuerwehrfrau an diesem Tag erfolgreich gezeigt hat, will sie sich nach einer (leckeren) 5-Minuten-Terrine von Maggi zurück an die Arbeit setzen. Auf dem Weg dorthin läuft sie entlang an einem Ganzkörperspiegel, der in ihrer Wohnung hängt. Was ist das ?! Hat sie schon wieder zugenommen ? Nein, es ist etwas völlig unerklärliches mit ihrem Körper passiert. Er ist rot geworden wie der „Tomatenfrosch“, den sie letztens im Zoo gesehen hat. Es war ein Sonnenbrand. Aber wie ist das möglich, sie war doch den ganzen Tag ausschließlich in ihrer 5-Zimmerwohnung in Berlin, die noch nicht einmal einen Balkon  hat. Um so eine Hautfarbe zu bekommen, hätte man sich mindestens 5 Stunden uneingecremt am Strand in der Sonne aufhalten müssen. Während sie noch immer völlig fassungslos zu ihren Armen hinunter blickt, fällt ihr zugleich auf, dass sie barfuß. Nachdem sie sich vergewissert hat, dass sie weder träumt noch unter irgendwelchem Einfluss von Medikamenten steht, kommt ihr ein Gedanke. Was wenn der Traum den sie vorhin hatte, tatsächlich wahr geworden ist ? Und vor allem, was ist wenn nun alle Träume Wirklichkeit werden ?!

Tim

Dieser Beitrag wurde unter aktueller Preisträger, Texte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert